Insgesamt sollen laut Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung 5 % des Waldes nicht mehr zur Holzgewinnung genutzt werden. Begründet wird dies mit dem Schutz der Artenvielfalt.

Die dritte Bundeswaldinventur zeigte, dass in Deutschland bereits 5,1 % der Wälder nicht mehr genutzt werden (593.000 ha von 11.491.124 ha) (vgl. Schultze et al. 2015: 311). Dennoch fordern viele Naturschutzorganisationen weitere Flächenstilllegungen und behaupten, dass mehr unbewirtschaftete Waldflächen nötig wären, um die Biodiversität in den Wäldern zu erhalten. An diesem Grundsatz orientiert sich auch die öffentliche Diskussion rund um das Thema Wald und Naturschutz.  Dass dies allerdings im Gegensatz zu unterschiedlichen Studienergebnissen steht, ist nur selten bekannt. 

Neuere Studien zeigen nämlich, dass es sich bei der weitverbreiteten Annahme, Wälder nicht mehr zu bewirtschaften führe zu einer Steigerung der Biodiversität, um einen Trugschluss handelt. Sie zeigen, dass der Reichtum an Arten in bewirtschafteten Wäldern nicht niedriger ist als in solchen, die für die wirtschaftliche Nutzung stillgelegt wurden. „Dies erklärt sich vermutlich daraus, dass die Bewirtschaftung die Heterogenität zwischen den Flächen und damit den Nischenreichtum erhöht“ (Schulze et al. 2015: 309). Die Studien gehen sogar noch einen Schritt weiter und legen nahe, „[…] dass der Artenreichtum an Tieren in bewirtschafteten Wäldern über verschiedene Taxa hinweg keinesfalls niedriger, auf Landschaftsebene sogar höher ist, als in Wäldern, die aus der Nutzung genommen wurden“ (ebd.). Die Autoren der Studie aus dem Jahr 2015 kommen zu dem Schluss, dass die Waldbewirtschaftung keine nennenswerten negativen Folgen für die Biodiversität in den Wäldern hat. Im Gegenteil: Wirtschaftswälder enthalten Arten, die im aus der Nutzung genommenen Wald nicht vorkommen (vgl. ebd. S.313).

Auch in Hinblick auf die Kohlenstoffspeicherleistung des Waldes kommen die Forderungen, immer mehr Waldflächen stillzulegen, nicht gut weg.  „Der Verzicht auf Holznutzungen („Stilllegung der Waldnutzung“) zum weiteren Ausbau des Kohlenstoffspeichers im Wald ist mit hohen Risiken behaftet und nicht dauerhaft […] Sofern die Landnutzungsart von Waldflächen nicht geändert wird, leistet eine nachhaltige Bewirtschaftung und die stoffliche und energetische Nutzung des dabei geernteten Holzes langfristig einen größeren Beitrag zum Klimaschutz als die natürliche Waldentwicklung ohne Holznutzungen“ (Schulze et al. 2021: 53). Laut Studie würde ein zunehmender Verzicht der Holznutzung außerdem einen Import von Holz aus Drittländern zur Folge haben, der sich wiederum negativ auf die CO2-Bilanz auswirkt. Noch dazu müsste sichergestellt werden, dass das Holz aus dem Ausland aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt und entsprechenden Ansprüchen gerecht wird. Des Weiteren bleibt der Klimawandel eine schwer einschätzbare Größe. So gehen die Autoren davon aus, dass in diesem Zusammenhang mit einer erheblichen Änderung der Verbreitungsgebiete von mehreren Arten gerechnet werden muss. Dass es bei dieser Veränderung auch zu Artenverlusten kommen kann, ist kaum durch die Waldbewirtschaftung aufzuhalten (vgl. Schulze et al. 2015: 313).

*ebd. = ebenda 

Die im Text verwendeten Studien finden Sie hier: 

Literaturnachweise: 

Schulze et al. (2015): Konflikte um eine nachhaltige Entwicklung der Biodiversität. Spannungsfeld Forstwirtschaft und Naturschutz, in: Biologie in unserer Zeit, 5/2015, Vol.45, S.304-314.

Schulze et al. (2021): Speicherung von Kohlenstoff im Ökosystem und Substitution fossiler Brennstoffe. Klimaschutz mit Wald, in: Biologie in unserer Zeit, 1/2021, Vol.51, S.46-54.